Abgesägt – Stadtbäume in Not
Kahlschlag in den Städten – durch immer mehr Nachverdichtung; Wohnungsbau und Flächenversiegelung verschwinden Bäume aus den Städten. Bürger und Umweltaktivisten befürchten, dass Städte zu Betonwüsten und dadurch immer heißer werden.
Benny Rimmler versucht Bezirksämtern und Politikern deutlich zu machen, dass viele Bürger gegen den immer intensiveren Baumschwund sind und hat eine Bürgerinitiative gegründet, mit der er sich für Bäume und damit ein besseres Klima in seiner Heimatstadt Hamburg einsetzt.
Nachverdichtung sorgt für wärmere Städte, erklärt der Hannoveraner Klimaexperte Peter Trute, er erstellt Stadtklima-Analysen. Bäume sind ein Garant für ein besseres Mikroklima in den Städten. An der Hamburger Universität messen Forscher den Wasserfluss in Bäumen und deren Transpiration, daraus schließen sie: ein Baum kann die Temperatur in seiner unmittelbaren Umgebung um mehrere Grad senken.
Allerdings herrscht ein immenser Baudruck in vielen Städten. Wohnungen fehlen, jetzt kommt das Flüchtlingsproblem dazu. In Städten wie Hamburg werden immer mehr Baulücken geschlossen. Kleingärten werden verkleinert, Stadtwälder gerodet. Es wird immer enger, zulasten des Stadtbaumes. Mit Dach- oder Fassadenbegrünung wollen Stadtplaner gegensteuern. Doch Bewohner wie Benny Rimmler fürchten um das Stadtklima und am Ende um die Gesundheit der Anwohner. Die kommenden Neubauten mit ihren meist unbegrünten Flächen wirken wie Heizungen. Gerade ältere Menschen mit Vorerkrankungen werden die steigenden Wärmeentwicklung in den Städten zu spüren bekommen. Allein in seinem Bezirk Nord seien bis zu 6000 Bäume von der Abholzung bedroht, befürchtet er.
Dabei sind Hamburger Bäume eigentlich geschützt, durch die Baumschutzver-ordnung, jeder gefällte Baum muss z. B. nachgepflanzt werden. Das ist nicht in jeder Stadt so, es gibt keinen bundesweiten Baumschutz. Doch Benny Rimmler und seine Mitstreiter der Bürgerinitiativen in HH-Nord befürchten, dass geschützte Bäume ins Umland exportiert werden, da in der Stadt selbst für Nachpflanzungen nicht immer genug Platz vorhanden ist.
Bäume in der Stadt haben es so schon schwer genug. Sie konkurrieren um Freiräume, über und unter dem Boden. Leitungen, Straßen, Parkplätze, Radwege. Michael Hartmann ist Baumpfleger und Gutachter für Baustellen. Um jeden gefällten Baum ist es schade, meint er, es sind Lebewesen, keine Möbelstücke. Durch erhaltende Maßnahmen will er Bäume schützen und retten. Doch das funktioniert eben oft nicht. Muss z. B. eine marode Wasserleitung repariert werden, bleibt Hartmann keine Alternative. Alle Bäume die direkt darüber stehen, müssen gefällt werden.
Stadtbäume bekommen zukünftig immer mehr Stress. Abgase, Streusalz, Hundeurin – jetzt schon Alltag. Dazu kommen sich veränderte klimatische Bedingungen, die gerade einheimischen Sorten Probleme bereiten. Extreme Wetterwandel, Trockenstress schwächt die Bäume. Bakterien, Schaderreger machen immer mehr Stadtbäumen in Deutschland große Probleme: z. B. der Kastanie.
Die Baumschule Lorenz von Ehren sucht deswegen weltweit nach Klimabäumen, die es in deutschen Städten aushalten. Für seine Baumschule sucht er Exemplare z. B. aus Nordamerika oder Kasachstan die robuster sind als einheimische Sorten.
Sie widerstehen der heftigeren Hitze und Enge der Stadt. So werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass es einmal weniger Bäume und dann neue, exotische Baumsorten in unseren Innenstädten geben wird, wie den Amberbaum aus Nordamerika.